Meditation: Münchberg-Marktschorgast

Der Oberfränkische Jakobsweg

Meditation zur 2. Etappe: Münchberg – Marktschorgast


Einen weiten Blick bekommen. – Den höchsten Punkt erreichen.
Der Jakobsweg wird mir zum Symbol des eigenen Lebensweges: Ich bin ein Pilger. Ich bin unterwegs. Mein Weg geht auf und ab. Er hat Höhen und Tiefen.

Schon auf der zweiten Etappe wird auf dem Weißenstein der höchste Punkt aller Fränkischen Jakobswege erreicht. Immer wieder weitet sich der Blick auf die noch höheren Erhebungen des Fichtelgebirges. Und wer auf den Turm steigt, hat einen weiten Horizont.

Ich sehe das symbolisch: Wer an seinem Ort bleibt, der sieht oft nur, was vor den Füßen liegt. Aber wer sich aufmacht, wer seine gewohnte tägliche Umgebung und die eingefahrenen Geleise verlässt, der bekommt bald einen viel weiteren Blick. Wer sich bewusst über seinen Alltag erhebt, der bekommt einen neuen, größeren Horizont. Und dann: Wer einmal angefangen hat zu gehen, der wird so bald nicht aufhören!

Unterwegssein verwandelt

„Dem Wegsymbol begegnen wir in den Schriften des Alten und neuen Testaments sehr häufig, vor allem in seiner ethischen Bedeutung. Weisungen, Bekenntnisse und Haltungen fordern dazu auf, mit Gott und nach seinen Geboten zu wandeln. Für das Volk Israel ist jedoch bedeutsamer die Erfahrung, dass Jahwe ein Gott des Weges ist. Er offenbart sich immer wieder in Weggeschichten. Abraham z.B. zieht weg aus seinem Vaterland und sammelt in längerem Unterwegssein vielfältige Weg-Erfahrungen, die ihn und sein Verhältnis zu Gott verwandeln.

Was hier von einem einzelnen erzählt wird, erlebte Israel im Auszug aus Ägypten und in vierzigjähriger Wüstenwanderung als ganzes Volk: Jahwe ist Befreier aus Knechtschaft und helfender Weggefährte. Weg-Erfahrung und Gottes-Erfahrung verbinden sich im Glauben untrennbar. Gott ist nur unterwegs erfahrbar. Jede Gotteserfahrung bringt Bewegung, löst Fesseln, führt in die Freiheit und verwandelt.“

Peter Müller, Wer aufbricht, kommt auch heim, Verlag am Eschbach, 3. Aufl. 1993, S. 17